Die Stundeneiche am Berliner Ring

Fast 70 Jahre lang stand als besonderes Wahrzeichen im Mittelstreifen der Bundesautobahn A 10 bei Betriebskilometer 82 die „Stundeneiche“.

Die erste bekannte Erwähnung erfolgte im Teltower Heimatkalender von 1941
Ein Foto aus dem Jahre 1963 im Winter zeigt den Baum in seiner damals noch vollen Größe.

Beim Bau des Berliner Südrings – damals „Strecke 51“ (Verkehrsfreigabe 27. November 1937) – wurde dieser markante Baum bewußt dort stehen gelassen. Die Erbauer der Reichsautobahn legten immer wieder großen Wert auf besondere Blickfänge und die Einbettung der Autobahnen in die Landschaft. Auch wurden in den letzten zwei Jahrhunderten der Eiche immer wieder mythologische Bedeutungen zugedacht.

Die wohl erste Bezeichnung war „Fahlhorster Eiche“, da die Fläche zum gleichnamigen Ort gehörte (seit 2003 Teil der Gemeinde Nuthetal). Im Raum Ludwigsfeld wurde der Baum auch „Hauseiche“ genannt, da man nun wußte, bald die Heimatstadt wieder erreicht zu haben. Wenige nannten sie auch „Bismarckeiche“ und kurzfristig – leicht spöttisch – auch „Russeneiche“, da es ein Angehöriger der Roten Armee schaffte, mit seinem Militärfahrzeug, gegen den Baum zu fahren. Der Begriff „Stundeneiche“ bürgerte sich ein, da man von dieser Stelle aus in etwa 60 Minuten die Innenstadt von Berlin(-Ost) erreichte.

Nach dem Fall der Mauer wurde der Berliner Ring zur A 10 und mit Leitplanken im Mittelstreifen versehen. Obwohl nach den geltenden Richtlinien eigentlich nicht zulässig, verblieb die Eiche und es wurden die Leitplanken um den Stamm herumgeführt. Die Mitarbeiter der nahen Autobahnmeisterei Rangsdorf und ein Gartenbauunternehmen pflegten den inzwischen zum Naturdenkmal erklärten Baum.

Der gefällte Stamm hatte einen Durchmesser von über einem Meter, eine Länge von fünf Metern und wog sechs Tonnen

Leider verlor die Krone nach rund 150 Jahren Lebensdauer die ursprüngliche Form und entwickelte sich zurück. Baumprüfungen ergaben, daß die Stammitte Fäule aufwies und der nun morsche gewordene Baum seine Standfestigkeit einbüßte.

Der Landkreis löschte die Stundeneiche aus der Denkmalliste und genehmigte die Fällung aus Gründen der Verkehrssicherheit. Diese fand am 07. Mai 2004 statt. Der Stamm des Baumes wurde vorerst auf einem nahen Parkplatz zwischen gelagert.

Weiterleben als Denkmal

Die Künstlerin Franziska Uhl fertigte aus dem Baum eine Skulptur. Hierzu waren mehrere Transporte und eine umfangreiche Bearbeitung und Konservierung des Stammes notwendig. Seinen neuen Standort fand der Baum nunmehr auf dem Rathausvorplatz in Ludwigsfelde. Dort stehen die beiden Hälften in einem Abstand von rund einem halben Meter.

Die offizielle Einweihung des Kunstwerkes „Stundeneiche“ erfolgte im Beisein des damaligen Ministers für Infrastruktur und Raumordnung Frank Szymanski, des früheren Bürgermeisters von Ludwigsfelde, Herrn Scholl, dem seinerzeitigen Autobahnmeister von Rangsdorf und ehemaligen Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Autobahngeschichte e.V. (AGAB) Hans-Werner Schmidt – welche alle die Aktion aktiv unterstützt hatten – sowie aller anderen Beteiligten und zahlreicher interessierter Bürger. Datum war der 9. Mai 2005, fast genau ein Jahr nach der Fällung.

Im Auftrag des Rundfunks Berlin Brandenburg (rbb) wurden sämtliche Maßnahmen durch Regisseur Gerd Kroske und „realistfilm“ dokumentiert. Der daraus entstandene Filmbeitrag umfaßt rund 60 Minuten.

A 10 Der Berliner Autobahnring